Kalte Nahwärmenetze, das klingt erst mal so, als würden sich die Wörter widersprechen. Tatsächlich könnte diese Art der Wärmeversorgung in Zukunft aber eine immer wichtigere Rolle spielen. Die derzeit üblichen Wärmenetze der Nah- beziehungsweise Fernwärme erfordern in der Regel Vorlauftemperaturen von 70 bis über 100 Grad Celsius. Eine Wärmeversorgung kann jedoch schon mit niedrigen Temperaturen zwischen 5 und 35 Grad Celsius gelingen; besonders in dicht bebauten Neubaugebieten oder etwa im energetisch sanierten Stadtquartier. Diese Gebäude haben einen geringen Heizwärmebedarf und benötigen niedrige Vorlauftemperaturen. Passend für kalte Nahwärme. Die Kaltwärmenetze werden – physikalisch richtig – als Anergienetze bezeichnet. Durch das Leitungssystem strömt zum Schutz vor Frostschäden zumeist ein Gemisch aus Wasser und Glykol (Sole).
Kalte Nahwärme: Wärme- und Kälteversorgung werden möglich
Aufgrund der niedrigen Temperaturen im Netz ist der Unterschied zur Temperatur im Erdreich ebenfalls nur gering. Dadurch kann auf eine oft kostenintensive Dämmung der Rohrleitungen des Netzes verzichtet werden, denn idealerweise nimmt das Netz die Umgebungswärme direkt auf. So entstehen keine oder nur geringe Verluste im Leitungsnetz. Allerdings sind durch den geringen Temperaturunterschied zwischen Vor- und Rücklauftemperatur und dem insgesamt niedrigen Temperaturniveau große Durchflussmengen erforderlich. Damit sind größere Rohrleitungen und ein höherer Strombedarf für die Pumpen vonnöten, sodass in dieser Hinsicht kalte Nahwärme höhere Kosten verursachen kann. Grundsätzlich ist bei diesen Netzen auch ein umgekehrter Betrieb möglich, um die Kühlung von Gebäuden zu realisieren. Dies wird bei künftig steigenden Temperaturen mehr und mehr an Bedeutung gewinnen; selbst in Schleswig-Holstein.
Um über Anergienetze versorgt zu werden, müssen die Häuser über eine dezentrale Wärmepumpe verfügen, da die Betriebstemperaturen nicht ausreichend für die Warmwasser- und Heizwärmeproduktion sind. Durch die Wärmepumpe wird die Temperatur auf das erforderliche Niveau angehoben. Die Kälteerzeugung funktioniert auf die gleiche Art und Weise. Zusätzlich kann die hierbei entstehende Abwärme ins Wärmenetz zurückgespeist werden. Hierdurch sind die Nutzer:innen nicht nur Kund:innen, sondern können gleichzeitig als Prosument:innen fungieren. Sie können also abhängig von den jeweiligen Umständen sowohl Wärme oder Kälte konsumieren oder produzieren.
Bedeutung kalter Nahwärme für die Energiewende
In der Nutzung kalter Nahwärme oder Fernwärme beziehungsweise Nah- oder Fernkälte liegt großes Potential für das Gelingen der Wärme- und damit auch der Energiewende. Denn für die Erzeugung dieser Art von Wärme oder auch Kälte kommen die unterschiedlichsten ressourcenschonenden Quellen in Betracht. So können etwa jegliche Formen von erneuerbaren Energien genauso wie Abwärme aus der Industrie oder Wärme aus dem Erdreich oder Gewässern aufgenommen werden. Damit stellt diese Art der Versorgung eine interessante Komponente für eine erfolgreiche Wärmewende bis hin zu einem CO2-freien Heizsystem dar.
Kaltwärmenetze sind interessant für Bürgerenergiegenossenschaften
Nahwärmenetze bieten Bürgerenergiegenossenschaften grundsätzlich eine Chance, ihre Wärmeversorgung in die eigenen Hände zu nehmen und sowohl ökologisch als auch finanziell attraktiv zu gestalten. Durch steigende CO2-Preise für fossile Energien und rechtliche Rahmenbedingungen, die im Wärmebereich immer stärker in Richtung Erneuerbare Energien steuern, sind kalte Nahwärmenetze auch für Bürgerenergiegenossenschaften interessant.
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