Hält eine Anfrage allerdings der wirtschaftlichen Prüfung stand, stellt sich natürlich umgehend die Frage nach den Anschlusskosten – ein Posten, der ziemlich variieren kann und in jedem Fall nicht unerheblich ist. „Die eigentlichen Anschlusskosten an unser Wärmenetz sind klar definiert. Es gibt eine Übergabestation in jedem Haus und die hat je nach Bedarf ihren fixen Preis. Aber der Weg dorthin muss entsprechend geebnet und bezahlt werden. Und da reden wir über Tiefbaukosten“, stellt Koth klar und ergänzt: „Da kommt es natürlich auf die Entfernung und den Untergrund an. Das war bei meinem Gasanschluss vor 20 Jahren auch nicht anders.“ Der Anschluss ist selbstverständlich nicht umsonst. „Während der Planung des Wärmenetzes hatte jeder Stedesander die Möglichkeit mitzuspielen. Das einzige, was er damals zu zahlen hatte, war die Genossenschaftseinlage von 1.500 Euro. Darin waren die Anschlusskosten enthalten. Es hat von Anfang an immer geheißen, solange die Gräben auf sind, kann sich jeder anschließen, aber wenn die Gräben zu sind, hat jeder den Aufwand selbst zu tragen“, hält Stephan Koth fest.
Bei einem Vollkostenvergleich steht die Fernwärme in aller Regel recht gut da. Denn Fernwärmekunden müssen eben keinen neuen Brenner beziehungsweise ein neues Heizungssystem kaufen. Ein großer Vorteil, insbesondere wenn Interessierte sowieso eine neue Wärmeversorgung benötigen. Das galt bei der Errichtung des Wärmenetzes selbstverständlich auch für die Stedesander Bürger. „Viele haben vor dem Start unseres Wärmenetzes argumentiert, dass sie das eingesparte Geld wahrscheinlich über einen höheren Wärmepreis irgendwann doch zahlen. Aber das ist ein Risiko, das über den steigenden Öl- oder Gaspreis genauso eintreten könnte“, stellt Stephan Koth klar. Als die Planungen im Jahr 2013 begannen, standen die Ölpreise auf einem günstigen Niveau, wie es Jahrzehnte lang nicht der Fall war. Der niedrige Ölpreis war natürlich kontraproduktiv für die Initiatoren und Wasser auf die Mühlen der Wärmenetz-Skeptiker im Ort. Viele monierten daher, dass die Nutzung des Wärmenetzes teurer sein würde als das Heizen mit Öl und zogen sich aus diesem Grunde wieder zurück. „Das hat uns Initiatoren auch das eine oder andere Veilchen eingebracht. Wir haben wiederholt am Abgrund gestanden und uns gefragt, was wir hier eigentlich machen. In der Zwischenzeit ist der Ölpreis wieder gestiegen und die Skeptiker sind deutlich ruhiger geworden. Ganz im Gegenteil: Viele Skeptiker ärgern sich jetzt, dass sie nicht von Anfang mit von der Partie waren“, so Koth.
Bioenergie und CO2-Einsparung
Bis zum Jahr 2032 sind die Beschaffung des Energieträgers und der Einkaufspreis der Fernwärme bereits festgelegt. Da passiert nichts, es sei denn die Biogasanlage gibt ihren Geist auf. „Das war genau der Punkt, weshalb wir mit der Biogasanlage ins Geschäft gekommen sind. Es war eine Win-win-Situation. Für die Biogasanlage ist die Stromabgabe bis 2032 mit einem fixen Betrag pro Kilowattstunde definiert. Und unsere Genossenschaft bekommt die Ansage, welcher Preis für jede Kilowattstunde Wärme fällig wird. Schlussendlich muss die Biogasanlage nur liefern. Damit haben wir uns, wie gesagt, aus dem Schwitzkasten der großen Energiequellen befreien können – jedenfalls bis 2032. Was dann ist, werden wir sehen.“ Klar ist nämlich, dass Biomasse nicht dauerhaft die Wärmequelle sein kann, denn Biogasanlagen sind mit einer bestimmten Nutzungsdauer versehen. Durch den Betrieb eines Wärmenetzes oder den Verkauf von Wärme kann sich diese verlängern. Ein riesiger Vorteil für die Biogasanlage, deren Laufzeit sich durch die Wärmeeinspeisung entsprechend erhöhte.
Mit dem heutigen Wissen darüber hätten wir sicherlich über 60 Genossen gehabt, mit denen wir gestartet wären.
Energiekosten hin oder her – so ein Wärmenetz hat auch einen großen ökologischen Aspekt. Nicht nur, dass die Stedesander Wärmeversorgung mit Biomasse beliefert wird, sie trägt zudem stark zur CO2-Einsparung bei. „Natürlich hat die CO2-Einsparung den Zugang zu großen Fördertöpfen ermöglicht. Denn die 65 Abnehmer produzieren für ihre Heizung gar kein CO2 mehr. Zum damaligen Planungszeitpunkt war die Umwelt- und Klimaschutzdiskussion noch nicht so weit fortgeschritten“, äußert der Bürgermeister.
Das gutlaufende Projekt ist ein großer Erfolg für und in Stedesand. Daher stellt sich konsequenterweise noch die Frage, was der Mitinitiator möglichen Nachahmern raten würde. „Zuerst einmal sollten sie schauen, ob es im näheren Umfeld Mitstreiter für solch ein Projekt gibt. Ganz oben steht der Gemeinschaftsgedanke, über den man sich auf diesen Weg begibt“, setzt Stephan Koth an und fährt fort: „Dann sollten sie sich ein spezialisiertes Planungsbüro für Wärmenetze suchen, das Erfahrung mit vergleichbaren Ortsgrößen wie ihrem haben. Es macht keinen Sinn, ein Büro zu engagieren, das ständig für Großstädte plant, nun aber für ein kleines Dorf in der Marsch planen soll. Und Durchhaltevermögen ist gefragt. Man darf das nicht auf Heller und Pfennig bemessen, was man selbst als Arbeitsaufwand in das Projekt reingesteckt hat. Das darf einem nicht wichtig sein. Begeisterung und Eigeninitiative sind wichtig.“